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Der Nutri-Score hilft, die gesündere Wahl zu treffen Interviews

Prof. Dr. Pablo Steinberg ist Leiter des Max Rubner-Instituts (MRI) in Karlsruhe. Das MRI ist im international besetzten Lenkungsausschuss für den Nutri-Score vertreten, der die organisatorischen Prozesse rund um Umsetzung steuert und die rechnerische Bewertungsgrundlage (den Algorithmus) weiterentwickelt.

Portraitfoto Prof. Dr, Pablo Steinberg
Bild: Max Rubner-Institut (MRI)

Prof. Dr. Pablo Steinberg leitet seit 2017 das Max Rubner-Institut (MRI) in Karlsruhe. An dem Institut forschen etwa 200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler rund um Ernährung und Lebensmittel. Das MRI berät das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zum gesundheitlichen Verbraucherschutz im Ernährungsbereich.

Herr Professor Steinberg, wie passen gesunde Ernährung und vorverarbeitete Lebensmittel für Sie zusammen?

Prof. Dr. Pablo Steinberg: Nehmen wir das Beispiel der Tomate. Im Sommer gibt es frische Tomaten aus Deutschland. Später im Jahr kann man Tomatensoße aus Tomaten, die zur optimalen Saison in der Region geerntet und dann in Dosen eingemacht wurden, kochen. Es ist allemal besser, ein vorverarbeitetes bzw. konserviertes Produkt zu essen, als gar kein Gemüse zu verzehren.

Das Max Rubner-Institut forscht für eine gesunde Ernähung mit Genuss. Was sind die größten Herausforderungen bei der Entwicklung von gesünderen Fertigprodukten?

Prof. Dr. Pablo Steinberg: Bei den Fertigprodukten, die viel Salz, Fett und Zucker enthalten, ist es häufig nicht einfach, diese Inhaltsstoffe zu reduzieren und gleichzeitig den ursprünglichen Geschmack und auch die Konsistenz weitestgehend zu erhalten. So ist Salz oft nicht nur wichtig für den Geschmack, sondern verhindert auch das Wachstum von gesundheitsschädlichen Bakterien.

Haben sich die Produkte im Supermarkt in den letzten Jahren bereits verändert?

Prof. Dr. Pablo Steinberg: Ja, das haben wir bei unserem Produktmonitoring festgestellt. In Supermärkten finden sich zunehmend Produkte, die aktiv damit beworben werden, dass der Salz-, Fett- oder Zuckergehalt reduziert wurde. Viele Hersteller nehmen aber auch "stille" Reformulierungen ihrer Produket vor, die wir nur beim regelmäßigen Vergleich der Nährwertangaben auf den Verpackungen bemerken können.

Warum werden manche Produkte schrittweise verändert?

Prof. Dr. Pablo Steinberg: Insbesondere bei süßen Produkten ist es wichtig, die Käuferinnen und Käufer mitzunehmen. Es nutzt ja nichts, wenn das ernährungsphysiologisch günstigere Produkt nicht mehr gekauft wird, weil es den Menschen nicht schmeckt. Hier kann es helfen, die Süße von Produkten, beispielsweise von Limonaden, schrittweise zu senken, um die Verbraucherinnen und Verbraucher an den weniger süßen Geschmack zu gewöhnen.

Haben Sie Tipps für unsere Leserinnen und Leser, wie sie beim Einkauf leichter die gesündere Wahl treffen können?

Prof. Dr. Pablo Steinberg: Der Nutri-Score als zusätzliche Nährwertkennzeichnung hilft bei der Auswahl innerhalb einer Produktgruppe - also zum Beispiel bei Tiefkühlpizzen -, die gesündere Wahl zu treffen. Der Nutri-Score garantiert aber keine insgesamt gesunde Ernährung. So gehört zu einer ausgewogenen Ernährung, wie auch von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung empfohlen, den Fleischverzehr zu reduzieren und eine pflanzenbasierte Kost zu bevorzugen.

Wie lautet Ihr persönlicher Wunsch für das Lebensmittelangebot im Supermarkt in zehn Jahren?

Prof. Dr. Pablo Steinberg: Der Supermarkt der Zukunft sollte viele Produkte direkt aus der Region anbieten. Sie sollten möglichst nachhaltig erzeugt worden sein, angefangen bei der Landwirtschaft über die Verarbeitung und bis zum Transport in den Laden. Verpackte Lebensmittel sollten außerdem auf breiter Basis mit dem Nutri-Score gekennzeichnet sein, damit ein umfassender Vergleich des Angebots möglich wird.

Zu welchen Fertigprodukten greifen Sie, wenn es in der Küche schnell gehen muss?

Prof. Dr. Pablo Steinberg: Wenn es schnell gehen muss, greifen meine Frau und ich nicht zu Fertigprodukten. Wir öffnen stattdessen unseren Kühlschrank und schauen, was sich zu einem schnellen Salat verarbeiten lässt - irgendetwas Frisches und Grünes ist eigentlich immer im Haus. Außerdem frieren wir Reste ein, oder wir kochen auch bewusst eine größere Portion zum Einfrieren. Dies bietet sich beispielsweise für Suppen und Eintöpfe an - so haben wir immer unsere eigenen "Fertiggerichte" im Haus.

Quelle: Kompass Ernährung Ausgabe 3/2020