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Das Comeback der Bewegung Das Comeback der Bewegung

Prof. Dr. Bernd Wolfarth, Präsident der DGSP (Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention), im Interview mit dem DOSB über den Wiedereinstieg für Breitensportlerinnen und -sportler nach längerer Pause.

Portraitfoto Prof. Dr,. Bernd Wolfahrth
Bild: Picture Alliance

Prof. Dr. Bernd Wolfarth, Präsident der DGSP (Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention), im Interview mit dem DOSB (Deutschen Olympischen Sportbund) über den Wiedereinstieg für Breitensportlerinnen und -sportler. Der leitende Olympiarzt des Team D rät im Freizeitsport zu einem stufenweise Einstieg zurück in die körperliche Aktivität - zum Beispiel nach einer längeren Pause während der Corona-Pandemie. Übernahme mit freundlicher Genehmigung des DOSB, der sich als Akteur für die Ziele von IN FORM einsetzt.

Die Olympiasportlerinnen und -sportlerinnen haben sich mit Ihrer Hilfe, Professor Wolfarth, auf die Olympischen Spiele in Tokio bereitet. Wie können sich die Menschen im Breitensport oder auch Neueinsteigerinnen und Neueinsteiger nach langer Bewegungspause auf ihren persönlichen Sport(wieder)einstieg vorbereiten?

Prof. Dr. Bernd Wolfarth: Was das Training selbst angeht, ist ein stufenweiser Einstieg zurück in die körperliche Aktivität ratsam. Gerade Personen, die neu einsteigen oder Rückkehrerinnen bzw. Rückkehrer sind, sollten nicht gleich auf 100% aufdrehen, sondern sich allmählich an die gesteigerten Belastungen herantasten. Das führt nicht nur dazu, dass der Körper sich wieder langsam an Sport und Bewegung gewöhnt, sondern sorgt auch dafür, dass die Psyche mit kleinen, aber konstant erreichten Erfolgserlebnissen etwas Gutes erfährt. Sollten medizinische Probleme oder eine gewisse Unsicherheit in Bezug auf die Belastbarkeit vorhanden sein, empfehlen wir nach längerer Bewegungspause den Besuch bei einer Sportärztin oder einem Sportarzt. Mit einer sportärztlichen Untersuchung können zum einen gezielt Vorerkrankungen erkannt und damit verbundene Risiken ausgeschlossen werden, zum anderen sind aber auch gezielte und professionelle Trainingsempfehlungen möglich.

Können Sie Sportarten oder Bewegungsformen empfehlen, die dafür besonders gut geeignet sind?

Prof. Dr. Bernd Wolfarth: Grundsätzlich gibt es Sportarten, die sich beispielsweise durch gelenkschonende Bewegungsformen auszeichnen, wie beispielsweise Radfahren oder Schwimmen. Eine ungünstige Kombination könnte mitunter intensives Joggen – vielleicht noch auf Asphalt – bei Übergewicht sein, weil die abrupten Bewegungen große Kräfte auf die Gelenke ausüben. Auch hier gilt: die Wahl der Bewegungsform sollte so individuell getroffen werden, wie Menschen eben sind.

Individualsport an der frischen Luft erlebt einen Boom und viele Sportvereine haben ihre Angebote nach draußen verlagert. Gibt es spezielle Punkte, die man beim "Draußen-Sport" beachten muss?

Prof. Dr. Bernd Wolfarth: Grundsätzlich ist Outdoor-Sport bei jedem Wetter möglich. Jetzt im Sommer lässt sich auch bei Hitze Sport treiben, wenn einige Tipps beachtet werden: grundsätzlich bietet sich an, sich dann zu bewegen, wenn die Luft vergleichsweise kühl und frisch ist. Somit bieten sich Sport und Bewegung am Morgen und abends nach 19 Uhr an. Die Ozonwerte sollten Breitensportlerinnen und -sportler genauso im Blick haben wie eine passende Kleidung und eine ausreichende Hydrierung. Auch im Winter bei schlechterem Wetter trägt körperliche Aktivität im Freien zur Gesunderhaltung bei. Jogging in den kalten Jahreszeiten belohnt Aktive mit gesteigerten Abwehrkräften. Auch hier gilt: eine geeignete Sportbekleidung sollte beachtet werden.

Viele, insbesondere ältere Menschen, leiden an Vorerkrankungen. Was geben Sie ihnen mit auf den Weg?

Prof. Dr. Bernd Wolfarth: Auch Menschen mit Vorerkrankungen können von regelmäßigen Bewegungsdosen stark profitieren. Hier ist aber eine sportärztliche Konsultation essenziell, damit Risiken ausgeschlossen und geeignete Bewegungsformen gefunden werden können. Grundsätzlich gilt aber: jeder Schritt, der im Alltag mehr absolviert wird, kann positiv auf den Organismus wirken. Auch und gerade, wenn Vorerkrankungen bereits eingetreten sind.

Mit welchen Auswirkungen müssen wir durch den pandemiebedingten Bewegungsmangel rechnen?

Prof. Dr. Bernd Wolfarth: Wir erwarten, dass der generell in der Bevölkerung um sich greifende Bewegungsmangel noch einen Schub erfahren wird. Da müssen wir dringend gegensteuern! Bewegungsmangel führt in vielen Fällen zu den sogenannten nicht-übertragbaren Krankheiten. Darunter zählen allen voran krankhaftes Übergewicht (Adipositas), Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen und bestimmte Krebserkrankungen, wie beispielsweise Brust- oder Darmkrebs. Nicht umsonst haben wir uns gemeinsam mit dem DOSB und vielen anderen Fachgesellschaften der sogenannten Hamburg Declaration angeschlossen, mit der wir die Politik zum Handeln gegen den Bewegungsmangel auffordern.

Worauf muss beim Sporttreiben bei Long-Covid-Symptomen geachtet werden?

Prof. Dr. Bernd Wolfarth: Glücklicherweise sehen wir insgesamt sehr viele milde, zum Teil asymptomatische Coronainfektionen, nach denen auch wieder zeitnah körperliche Aktivität bzw. Sport uneingeschränkt betrieben werden kann. Sollte tatsächlich ein Long-Covid-Syndrom vorliegen und eine ausgeprägte Erschöpfung, eine sogenannte Fatigue vorhanden sein, muss der Wiedereinstieg in die Belastung auf jeden Fall ärztlich begleitet werden. Hier bietet sich die Zusammenarbeit des behandelnden Arztes mit einem erfahrenen Sportmediziner an, um in Abhängigkeit der klinischen Symptomatik eine optimale Auswahl der Belastung zu treffen.

Darf man nach der Impfung Sport treiben?

Prof. Dr. Bernd Wolfarth: Das ist so pauschal gar nicht zu beantworten. Grundsätzlich empfehlen wir zumindest 24h nach der Impfung eine Pause einzulegen. Dann ist vieles davon abhängig, ob und wie eine Impfreaktion auftritt. Bleibt es bei einer Schwellung oder leichten Kopfschmerzen kann leichte Bewegung durchgeführt werden, kommt es zu erkältungsähnlichen Symptomen wie Kopf- und Gliederschmerzen oder gar Fieber, sollte in Abhängigkeit von der Symptomatik länger pausiert werden. In der Regel sehen wir keine Einschränkungen der Belastbarkeit, die über 2-3 Tage hinausgehen.

Wir alle wollen es nicht hoffen – aber wie können wir uns auf eine mögliche vierte Welle vorbereiten und unser Immunsystem fit für den Herbst/Winter machen?

Prof. Dr. Bernd Wolfarth: Die bisherigen Erkenntnisse aus der COVID19-Pandemie weisen klar darauf hin, dass die Fitness von Menschen einen entscheidenden Einfluss auf etwaige Krankheitsverläufe hat und körperlich fitte Menschen bei einer Erkrankung in der Regel mildere Verläufe zeigen, bzw. mit weniger Komplikationen rechnen müssen. Insofern kann es nur heißen: runter vom Sofa und ab in die Bewegung! Die mehr als 88.000 Sportvereine in Deutschland sind eine hervorragende Plattform, sich wieder in die regelmäßige Bewegung zu begeben — und das mit dem dazu immens wichtigen sozialen Gefüge.

Quelle: Infodienst Gesundheit und Sport des DOSB, Ausgabe 1/2021

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