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Bewegung kann Medikamente ersetzen Bewegung kann Medikamente ersetzen

Körperliche Aktivität tut allen gut - als Vorbeugung, in der Reha und nach neuesten Erkenntnissen sogar als Ersatz oder zur Unterstützung von Medikamenten. Mehr dazu auf IN FORM.

Zwei Frauen beim Turnen mit einem Stock
Bild: Viacheslav Iobobchuk/stock.adobe.com

Körperliche Aktivität – vom behandelnden Arzt verschrieben – kann den Einsatz von Medikamenten ersetzen oder zumindest reduzieren. Das gilt für Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems ebenso wie für Diabetes mellitus, Depressionen und eine Reihe anderer Krankheiten. Dieser Ansatz setzt sich laut der Sportmediziner Professor Herbert Löllgen, Dr. Jürgen Wismach und Prof. Norbert Bachl immer mehr durch. Der folgende Beitrag fasst die wichtigsten Punkte ihres Beitrags in der Fachzeitschrift „Arzneiverordnung in der Praxis“ zusammen.

Übereinstimmend haben Studien mit insgesamt über einer Million Probanden ergeben, dass Erkrankungen und Todesfälle bei bewegungsaktiven Menschen um 30 bis 40 Prozent niedriger lagen als bei sogenannten Bewegungsmuffeln. Dies gilt insbesondere für koronare Herzkrankheiten. Nach einem Herzinfarkt zum Beispiel ist Bewegung als Teil einer gesünderen Lebensführung ein absolutes Muss.

Bewegung als Teil der Therapie

In vielen Fällen könnte Bewegung – wie ein Medikament – seine Wirkung entfalten. Der Vorteil besteht darin, dass es individuell dosiert und praktisch ohne Nebenwirkung ist. Wichtig ist dabei, dass insbesondere untrainierte Menschen ihre Aktivitäten mit den behandelnden Ärzten absprechen und sich beraten lassen.

Hier eine Auswahl der Krankheiten, bei denen Bewegung nachweislich positive Effekte aufweist:

  • Arterieller Bluthochdruck
    Die Kombination aus körperlicher Aktivität und zusätzlichen Krafttraining senkt den systolischen Wert um 5 bis 10 mm Hg.
  • Herzschwäche
    Früher sollten Herzkranke sich schonen. Mittlerweile ist aber belegt, dass ein dosiertes Training die Herzfunktion verbessert und damit die Erkrankungs-/Sterberate senkt.
  • Diabetes mellitus
    Körperliche Aktivität senkt den Medikamenten- oder Insulinverbrauch. Bewegung gehört hier nach Entdecken der Krankheit neben Diät und ggf. Medikamenten in jedem Fall zur Therapie.
  • Osteoporose und Wirbelsäulenbeschwerden
    Diese Krankheiten können am besten mit Bewegung behandelt werden. Geeignete Sportarten sind Gehen, Laufen, Walken oder Skilanglauf, bei denen das Körpergewicht getragen wird.
  • Depression
    Wandern und Radfahren gelten in der Psychiatrie als wichtige Begleittherapie bei Depressionen.
  • Demenz
    Körperliches Training verbessert die Stimmung und Kooperationsbereitschaft von dementen Menschen. Zudem senkt es die Sturz- und Verletzungsgefahr.

Das Rezept für Bewegung

In den Entlassungsbriefen von Krankenhäusern findet sich meist nur eine Anzahl von Medikamenten, aber keine Hinweise auf Bewegungsempfehlungen. Die Autoren – alle drei aus der Sportmedizin – vermuten einen Mangel an Fachwissen bei Medizinern, weil Fachinhalte aus der Sportmedizin nicht Teil der Ausbildung sind. Sie fordern: „Jeder Arzt und Facharzt sollte auf dem Gebiet der körperlichen Aktivität Basiswissen haben.“

Als Information für Ärztinnen und Ärzte bietet die Bundesärztekammer Informationen zum Rezept für Bewegung an, das Ärzte ihren Patientinnen und Patienten ausstellen und damit der Empfehlung für mehr körperliche Aktivität Nachdruck verleihen können.

Im Rezept für Bewegung sollten regelmäßige Aktivitäten im Alltag wie Treppensteigen, Gartenarbeit und Gymnastik enthalten sein. Je nach Diagnose und Zustand des Patienten enthält das Rezept zudem Trainingshinweise für Ausdauerbelastungen, die sich an den derzeitigen allgemeinen Trainingsempfehlungen für Freizeitsportler verschiedener medizinischer Fachgesellschaften orientieren. Die Ausstellung des Rezepts für Bewegung ist eine freiwillige ärztliche Leistung, die nicht über die gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden können.

Bewegungsempfehlungen für jedes Alter

Ein körperlich aktiver Lebensstil verbessert die Gesundheit von Menschen in jedem Alter. Neben gesunden Menschen profitieren auch Erwachsene mit chronischen Erkrankungen von den positiven Effekten regelmäßiger Bewegung.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat ihre Empfehlungen für gesunde Menschen nach Altersstufen gegliedert:

  • Kinder und Jugendliche (5 bis 17 Jahre)
    körperliche Aktivität in mittlerer bis hoher Intensität. Dauer: mindestens 1 Stunde/Tag
  • Erwachsene (18-64 Jahre)
    Körperliche Aktivität in moderater Intensität. Dauer: 2,5 Stunden/Woche
    Oder
    Körperliche Aktivität mit hoher Intensität. Dauer: 75 Minuten/Woche
    Plus
    Muskelkräftigende körperliche Aktivität an mindestens zwei Tagen in der Woche.
  • Ältere Menschen über 65 Jahre
    Für ältere Erwachsene gelten dieselben Empfehlungen wie für jüngere Erwachsene. Ihnen wird darüber hinaus empfohlen, Übungen zum Erhalt des Gleichgewichts und zur Sturzprävention durchzuführen.

Quelle

Prof. Dr. med. Herbert Löllgen, Remscheid, Dr. med. Jürgen Wismach, Berlin und Prof. Dr. med. Norbert Bachl, Wien "Körperliche Aktivität als Medizin", Arzneiverordnung in der Praxis, Band 45, Heft 3, Juli 2018

Links

Das "Rezept für Bewegung" ist eine gemeinsame Initiative der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP), des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) und der Bundesärztekammer. Mehr Informationen liefert die Bundesärztekammer auf ihrer Website.

Die Broschüre Menschen in Bewegung bringen – Strukturen schaffen, Bewegung fördern, lebenslang bewegen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) präsentiert in Kurzversion die Nationalen Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung.