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Einkaufstraining für Jugendliche mit starkem Übergewicht Ernährung

Einkaufen mit Sinn und Verstand – 10 Tipps helfen adipösen Jugendlichen, ihren Einkauf bewusst zu steuern und Impuls-Käufe zu vermeiden.

Einkaufswagen mit Gemüse in einem Supermarkt
Bild: Anowar/stock.adobe.com - ki-generiert

Hungrig zum Supermarkt und alles einkaufen, worauf man Appetit hat. Wer kennt das nicht? Locken dann noch Sonderangebote oder attraktive Verpackungen, gerät der beste Vorsatz ins Wanken. Doch so muss es nicht sein – sinnvolles und zielgerichtetes Einkaufen kann man lernen.

Marketingstrategie als Kaufentscheidung

Gerade Kinder und Jugendliche, denen raffinierte Marketingstrategien nicht bewusst sind, werden zu unbewussten Einkäufen verleitet. Ob günstige XXL-Packung oder Comicfigur – die Entscheidung für bestimmte Lebensmittel wird durch Platzierung oder Aufmachung eines Produkts beeinflusst. Kommen dann noch Hunger, Langeweile oder der Einfluss von Altersgleichen hinzu, wird eine Kaufentscheidung oft fehlgeleitet. Im Einkaufwagen landen zucker- und fetthaltige Snacks. Genau hier setzt ein Projekt der Berliner Charité an.

Zehn Tipps für einen klugen Einkauf

Das Einkauftraining wird seit 2016 in der Adipositas-Sprechstunde von zwei Ernährungstherapeutinnen angeboten. Grundlage sind die "Zehn Tipps für einen klugen Einkauf". Sie dienen nicht nur den adipösen Jugendlichen als Handreichung, sondern sind für jeden relevant, der seinen Einkauf bewusster gestalten möchte.

IN FORM stellt die zehn Tipps vor: 

  1. Wochenspeiseplan. Die Gerichte, die innerhalb einer Woche auf den Tisch kommen, werden in einem Wochenspeiseplan zusammengefasst. Eltern und Kindern planen gemeinsam. So können Wünsche berücksichtigt werden. Das fördert die Akzeptanz der Speisen. Idealerweise stehen Vollkornprodukte, frisches Gemüse und Obst sowie ungesüßte Milchprodukte wie Käse, Naturjoghurt und Quark auf dem Plan.
  2. Einkaufszettel. Aus dem Wochenspeiseplan wird der Einkaufzettel erstellt. Dieser berücksichtigt alle Lebensmittel, die für die Zubereitung notwendig sind. Dabei werden alle Mahlzeiten eines Tages über den Zeitraum von einer Woche einbezogen.
  3. Nicht hungrig einkaufen. Es ist ratsam, vor dem Einkaufen eine Kleinigkeit zu essen. Denn: Wer hungrig einkaufen geht, greift trotz Einkaufszettel eher zu Fastfood und Süßigkeiten.
  4. Nicht verführen lassen. Mit Marketingstrategien nutzen Werbepsychologen und Marketingexperten kleine Schwächen aus. Die Folge: unbedachte Impulskäufe.
  5. Werbebotschaften überprüfen. Denn: Ein als "fettarm" deklariertes Produkt enthält oft viel Zucker. Ein Produkt ohne Zucker ist oft reich an verschiedenen Süß- und Zuckerersatzstoffen.
  6. Auf die Zutatenliste und die Nährwerttabelle achten. Kurze Zutatenlisten machen ein Produkt meistens gesünder. Hintergrund: Es enthält keine bzw. weniger Zusatzstoffe und Geschmacksverstärker. Daher lohnt sich ein Blick auf die Zutatenliste und die Nährwerttabelle. In Bezug auf den Zuckergehalt eines Lebensmittels gibt es eine einfache Faustregel: Teilt man die Nährwertangabe "davon Zucker" durch den Faktor 2,5 ergibt sich die Anzahl an Zuckerwürfeln. In einem Glas Limonade (0,2 l) sind z.B. sieben Würfelzucker enthalten. Durch diesen einfachen Trick lässt sich leicht veranschaulichen, wie zuckerhaltig ein Produkt ist.
  7. Regionale und saisonale Produkte bevorzugen. Diese Produkte schmecken besser, weil sie reif geerntet werden. Zugleich schonen sie die Umwelt und den Geldbeutel. Saisonale Produkte bringen Abwechslung auf den Teller, weil eben nicht immer alle Sorten im Supermarkt verfügbar sind.
  8. Unverarbeiteten Lebensmitteln den Vorzug geben. Lebensmitteln, die nicht verarbeitet sind, sättigen mehr und enthalten keine zugesetzten Zucker, Fette oder Geschmacksverstärker.
  9. Grundnahrungsmittel auf Vorrat kaufen. Um spontan eine ausgewogene Mahlzeit zubereiten zu können, empfiehlt es sich, Grundnahrungsmittel auf Vorrat zu kaufen. Neben Getreideprodukten und Kartoffeln zählen dazu Gemüse, Obst, Nüsse, Samen, Milch- und Milchprodukte wie Käse oder Naturjoghurt. Sinnvoll zu bevorraten sind außerdem Gemüsebrühe, Tomaten aus der Dose, Tiefkühlfisch sowie Gewürze, Pflanzenöle und Zitronen bzw. Zitronensaft.
  10. Werfen Sie einen Blick auf das Mindesthaltbarkeitsdatum (MDH). Wichtig zu wissen: Ein Lebensmittel ist nach Ablauf des MHD nicht zwangsläufig schlecht. Geruch, Farbe und Geschmack verraten, ob ein Produkt noch gut ist. Rohe Speisen wie z.B. Hackfleisch oder frisch zubereitete Salate mit Ei sind jedoch nach Ablauf des MHD besser zu entsorgen.

Bewegung als Teil des Einkaufstrainings

Der Schwerpunkt beim Einkaufstraining der Berliner Charité liegt auf der Ernährung. Doch auch die Bewegung spielt eine wichtige Rolle. Sie kann maßgeblich zu einer ausgeglichenen Energiebilanz beitragen. Diese wird erreicht, wenn das Verhältnis zwischen Energiezufuhr und Energieverbrauch stimmig ist. Anders ausgedrückt: Man sollte nicht mehr essen, als der Körper benötigt.

Eine zusätzliche Bewegungseinheit ist vor allem dann vorteilhaft, wenn Gewicht reduziert werden soll. Daher wird der Einkauf im Rahmen des Trainings zu Fuß erledigt. Es ist wünschenswert, dass die Jugendlichen den Bewegungsaspekt mit in ihren Alltag nehmen. Denn: Ob zu Fuß oder mit dem Fahrrad – im Alltag lassen sich zumindest die kleineren Einkäufe oftmals ohne Auto erledigen.

Wissenswertes zu Lebensmitteln

Im Supermarkt führen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Rallye durch, während die Ernährungstherapeutinnen für den Nachmittagssnack einkaufen. Denn: Ein wichtiger Baustein des Einkaufstrainings ist das Hintergrundwissen zu den Lebensmittelgruppen. Wie süß ist Limonade wirklich? Hinter welchen Begriffen versteckt sich "Zucker" in der Zutatenliste? Was verrät die Typenzahl über das Mehl? Welches Obst hat Saison? Oder: Welche Alternativen gibt es zum Wurstbelag?

Diese und viele weitere Fragen werden mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Anschluss an den gemeinsamen Einkauf geklärt und diskutiert. In diesem Rahmen kommen weitere Aspekte zur ausgewogenen Mahlzeitengestaltung zum Tragen. Die vertiefenden und weiterführenden Informationen verhelfen den Jugendlichen im Anschluss an das Training zu einer bewussten Gestaltung ihres Einkaufs im Alltag.

Fazit

Das Einkaufstraining für Jugendliche mit Adipositas vereint Aspekte von Ernährung und Bewegung. Es gibt den Heranwachsenden eine Handreichung zur Speiseplanung, die sie in ihrem Alltag ganz praktisch anwenden können. Neben der Vermittlung von Kompetenzen zu Lebensmittelgruppen werden die Jugendlichen insbesondere für Werbebotschaften sensibilisiert. Und sie lernen: Wer gut geplant und nicht hungrig einkaufen geht, ist weniger anfällig für Versuchungen im Supermarkt.

Quelle: Radzuweit T et al. (2020). Einkaufstraining für Jugendliche mit Adipositas. Thieme, 14: 46-51